Gesundes Mittagessen in der Schule
Beim Schulessen gelingen Qualität und Akzeptanz vor allem dann, wenn alle Schulakteure ein gemeinsames Ziel verfolgen. Basis für ein gesundes Mittagessen ist der DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen.
Schulessen: Qualitätsentwicklung von Anfang an
An der Organisation des Schulessens sind viele Akteure (z. B. Schulträger, Schulleitung, Schüler*innen, Speisenanbieter) beteiligt. Sie alle haben individuelle Wünsche an das Mahlzeitenangebot und agieren unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen. Durch die Heterogenität der Schullandschaft sind außerdem Voraussetzungen und Bedarfe in den einzelnen Schulen sehr unterschiedlich. Im Prozess der Qualitätsentwicklung ist es daher eine wichtige Aufgabe, alle Interessensgruppen an einen Tisch zu bringen. Bestenfalls verfolgen alle ein gemeinsames Ziel: ein gesundes Mittagessen mit einer großen Akzeptanz in der Schulgemeinde.
Gesundes Mittagessen – Verpflegungskonzept ist Basis
Eine wichtige Basis für das Schulessen ist ein Verpflegungskonzept, das die spezifischen Qualitätskriterien zusammenfasst. Mit einem solchen Konzept lassen sich Bau-, Einrichtungs-, Betriebs-, Akzeptanz- oder Kostenfragen beantworten. Ein Verpflegungskonzept hat ebenfalls Schnittstellen zum Schul- oder Ganztagsprogramm und formuliert Qualitätskriterien für die pädagogische Gestaltung der Mahlzeitensituationen. Insgesamt beschreiben Verpflegungsverantwortliche damit konkret, welche Rahmenbedingungen hinsichtlich Strukturqualität, Prozessqualität und Ergebnisqualität gelten. Ein Verpflegungskonzept macht die Qualitätskriterien nach innen und außen transparent und schafft hierdurch eine Voraussetzung zur Partizipation.
Wichtiger Ausgangspunkt: Beschaffung
Schulträger nehmen in der Qualitätsentwicklung eine Schlüsselrolle ein, weil sie als Aufgabenverantwortliche wesentliche Einflussmöglichkeiten auf Qualität und Akzeptanz des Schulessens haben. Je nach Bewirtschaftungsform erbringen sie die Verpflegungsleistung entweder selbst beziehungsweise mit eigenem Personal oder sie beauftragen einen externen Speisenanbieter. Bei dieser Beauftragung sind Schulträger als öffentliche Auftraggeber verpflichtet, den Auftrag auszuschreiben. In der Leistungsbeschreibung, die Bestandteil der Vergabeunterlagen ist, definiert der Schulträger alle Anforderungen an ein gesundes Mittagessen, die sich aus der Verpflegungsqualität, den Bedürfnissen und Bedarfen der Zielgruppe und der Nachhaltigkeit ergeben.
Schulträger haben an dieser Stelle damit einen maßgeblichen Einfluss auf die Qualität des Schulessens in ihren Schulen. Gleichzeitig ist der Prozess der Beschaffung komplex und erfordert spezifisches Fachwissen. Im Rahmen von E-Learning-Angeboten unterstützen wir Schulträger bei dieser Aufgabe. In unserer Arbeitshilfendatenbank finden Sie darüber hinaus zahlreiche Materialien zum Thema (für die
Primarstufe, für die
Sekundarstufe). Ebenso unterstützen die
Vernetzungsstellen Schulverpflegung in den Bundesländern vor Ort Schulen und Schulträger.
DGE-Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen
Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit
Im Rahmen des nationalen Aktionsplans IN FORM und im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) den Qualitätsstandard für die Verpflegung in Schulen entwickelt. Der Qualitätsstandard gibt allen Beteiligten eine wichtige Orientierung. Im Fokus der Empfehlungen steht eine abwechslungsreiche Lebensmittelauswahl, die den Kindern und Jugendlichen eine große Geschmacksvielfalt ermöglicht. Der Standard bietet verantwortlichen Akteuren Verlässlichkeit in Bezug auf eine bedarfsgerechte Nährstoff- und Energieversorgung. In der aktuellen Fassung sind zahlreiche Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. So beschreibt der Standard u.a. Anforderungen an pflanzenbetontes (ovo-lacto-vegetarische) Schulessen oder stellt Möglichkeiten für eine abfallarme Schulverpflegung vor. Hier können Sie mehr zu den Möglichkeiten einer
nachhaltigeren Schulverpflegung lesen.
Die Empfehlungen fassen entlang der gesamten Prozesskette alle Bereiche der Verpflegungsorganisation zusammen: Neben wissenschaftlich basierten Kriterien für die ernährungsphysiologische Qualität definiert der Standard auch strukturelle und organisatorische Voraussetzungen: von der Essatmosphäre über pädagogische und rechtliche Aspekte bis hin zur Personalqualifikation. Auch das Schnittstellenmanagement für die interne Qualitätssicherung findet Berücksichtigung. Der Qualitätsstandard wendet sich sowohl an Träger und Schulen als auch an Caterer. Aus den Qualitätskriterien können die Beteiligten Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten ableiten und Aufgaben definieren.
Instrument zur Qualitätsentwicklung des Schulessens
Der Qualitätsstandard ist damit ein wichtiges Instrument für die Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung, dessen Anwendung dabei immer auf individuellen Wegen erfolgt. Eine Verankerung kann der Qualitätsstandard z. B. in Form einer Leitlinie auf landes- oder kommunalpolitischer Ebene oder als qualitativer Anspruch im schulischen Verpflegungskonzept finden. Grundsätzlich bestimmt die Qualität der Schulverpflegung über Akzeptanz und Teilnahmequote und damit auch über die Kosteneffizienz: Je mehr Schüler*innen am Schulessen teilnehmen, desto wirtschaftlicher lässt sich Schulverpflegung gestalten. (6) Die Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS) nennt zur Professionalisierung des Qualitätsmanagements drei zentrale Handlungsfelder:
- Personalqualifikation: Regelmäßige Aus- und Weiterbildung sowohl der Mitarbeiter*innen in der Schulverwaltung als auch vor Ort in der Schule. Festlegung eines*einer Verantwortlichen für das Qualitätsmanagement.
- Entwicklung qualitätssichernder Maßnahmen inklusive Qualitätskontrolle entlang der gesamten Prozesskette.
- Aufbau von Feedbacksystemen, die sich vor allem an Schüler*innen und ihre Eltern wenden.
In fünf Bundesländern ist die Anwendung des DGE-Qualitätsstandards bei der Organisation der Schulverpflegung verpflichtend vorgeschrieben. Berlin, Bremen, Hamburg, Saarland und Thüringen haben die Empfehlungen der DGE u.a. in Vorschriften oder Landesgesetzen verankert.
Arbeitshilfen zur Anwendung des DGE-Qualitätsstandards
Für die Anwendung und Umsetzung des Qualitätsstandards gibt es vielfältige Unterstützung:
- In Seminaren und Workshops ist die Qualitätssicherung unter Anwendung des Qualitätsstandards zentrale Botschaft der Vernetzungsstellen Schulverpflegung der Länder. Termine und Themen finden Interessierte über die
Vernetzungsstelle ihres Bundeslandes.
- Die DGE bietet im IN FORM-Projekt "
Schule + Essen = Note 1" u.a. praxisorientierte Seminare zur Umsetzung des Qualitätsstandards.
- Mit einer
Rezeptdatenbank und optimierten
Wochenspeisenplänen erleichtert die DGE Küchenverantwortlichen die Speisenplanung.
- Mithilfe der
DGE-Checkliste als Instrument für die Qualtitätssicherung können Verantwortliche erste Handlungsfelder für eine Optimierung identifizieren.
- In unserer Arbeitshilfendatenbank finden Sie zahlreiche handlungsorientierte Materialien zur Umsetzung und Anwendung des DGE-Qualitätsstandards (für die
Primarstufe, für die
Sekundarstufe).
Zertifizierung
Für die Schulverpflegung ist eine Zertifizierung durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung möglich. Anhand des DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen werden für die Mittagsverpflegung Lebensmittelqualität, Speisenherstellung und die Speisenplanung beurteilt sowie lebensweltliche Rahmenbedingungen bewertet. Für bereits zertifizierte Einrichtungen (Logopartner) besteht darüber hinaus die Möglichkeit, eine Zusatz-Zertifizierung „Nachhaltige Verpflegung“ zu erhalten. Die Vorteile einer Zertifizierung auf einen Blick:
- sorgt für eine dauerhafte interne Qualitätssicherung,
- bietet regelmäßige Maßnahmen zur Fortbildung und Qualifizierung,
- gibt wertvolle Impulse durch Feedbackgespräche bei Audits und Re-Audits,
- bietet einen Wettbewerbsvorteil,
- gibt Schüler*innen die Chance, sich fortlaufend am Verbesserungsprozess zu beteiligen,
- ermöglicht praktische Elemente für die Ernährungsbildung in Schulen.
Hier finden Sie weitere Informationen zur Zertifizierung der Schulverpflegung.
Digitales Qualitätsmanagement-Tool „Unser Schulessen“
Mit dem digitalen Qualitätsmanagement-Tool „Unser Schulessen“ haben Schulen ein einfaches und praxisnahes Instrument an der Hand, um das Verpflegungsangebot mitzugestalten und die Wünsche der Kinder und Jugendlichen stärker zu berücksichtigen. Die in Brandenburg und Rheinland-Pfalz erprobte digitale Arbeitsplattform haben wir bundesweit ausgebaut und allen Bundesländern zur Verfügung gestellt.
Die Plattform unterstützt Schulen bei der Qualitätsentwicklung mit vielfältigen Funktionen: ein Qualitäts-Check mit Ampelsystem, Tools für Umfragen und ein Ideenpool mit erprobten Verbesserungsansätzen. Damit kann jede Schule in eigenem Tempo und mit den jeweils zur Verfügung stehenden Mitteln und Möglichkeiten die Verpflegungsqualität verbessern. Dabei trägt jeder einzelne, auch kleine Schritt, zur Verbesserung bei.
Akteure in der Schulverpflegung
An der Entwicklung und Sicherung von Qualität auf allen Ebenen sind verschiedene Personengruppen mit unterschiedlichen Verantwortungsbereichen und Interessen beteiligt. Welche Akteure sich am Qualitätsentwicklungsprozess beteiligen und mit welchen Verantwortlichkeiten sie mitwirken, ist in der nebenstehenden Abbildung dargestellt.
Es wird deutlich, dass viele Faktoren Einfluss darauf haben, ob das Essen von den Schüler*innen akzeptiert wird. Landesregierungen und Schulträger sind diejenigen, die den Rahmen für eine hochwertige Schulverpflegung setzen. An der Umsetzung vor Ort sind dagegen die Speisenanbieter, die Schulleitung und der Verpflegungsausschuss (siehe auch Schnittstellenmanagement) beteiligt.
- Bund
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In Deutschland steht das Schulwesen zwar unter Aufsicht des Bundes, doch ist grundgesetzlich verankert, dass die Zuständigkeit für die Bildungs- und Kulturpolitik bei den Bundesländern liegt. Mit dem Ausbau der Ganztagsbetreuung setzt der Bund Standards, die auch die Schulverpflegung betreffen. Mit Blick auf die Qualitätsentwicklung in der Schulverpflegung fördert der Bund die Projekt- und Netzwerkarbeit der Vernetzungsstellen Schulverpflegung der Länder sowie unsere Arbeit auf Bundesebene. Mit der Beauftragung zur Entwicklung der DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Schulen hat der Bund die Qualitätsentwicklung weiter vorangebracht.
- Landesregierung
- Schulträger
- Schulen
- Speisenanbieter
- Eltern
- Schülerinnen und Schüler
Nachhaltiges Schulessen
Eine gesundheitsförderliches Schulessen bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für mehr Nachhaltigkeit. Dabei gehen Gesundheits- und Klimaschutz häufig Hand in Hand, z. B. durch eine pflanzenorientierte Speiseplanung. Schulträger können durch eine ressourcenschonende Küchenfach- und Mensaplanung und durch eine effiziente und nachhaltige Beschaffung zu mehr Umwelt- und Klimaschutz beitragen.
Gemeinsam mit Schulen können sie etwa dafür sorgen, dass das Schulessen abfallarm ist, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Auch Bio-Produkte lassen sich im Speisenangebot berücksichtigen. So zeigte die Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS), dass eine Berücksichtigung von 20 % Bio-Lebensmitteln die Wareneinsatzkosten nur geringfügig erhöht.
Verschiedene Projekte und Initiativen haben diese Thematik aufgegriffen, um Handlungsempfehlungen abzuleiten, an den sich Schulen und Schulträger orientieren können.
- Zu gut für die Tonne
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Die bundesweite Strategie „Zu gut für die Tonne“ wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) initiiert, um Verantwortliche entlang der gesamten Lebensmittelversorgungskette für einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln zu sensibilisieren. In nationalen Dialogforen diskutieren die verschiedenen Sektoren Strategien zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen. Das Dialogforum Außer-Haus-Verpflegung erarbeitet Empfehlungen für die Gemeinschaftsverpflegung.
Mehr Informationen zur Kampagne
Zu gut für die Tonne.
- REFOWAS
- KEEKS
- Bio kann jeder – Nachhaltig essen in Kita und Schule
- BioBitte - Mehr Bio in öffentlichen Küchen
Gesundes Mittagessen: Schnittstellen managen
Kommunikation koordinieren – Partizipation fördern
Damit Prozesse erfolgreich gemeinsam gestaltet werden können, ist ein offener und organisierter Austausch zwischen allen Akteuren eine grundlegende Voraussetzung. Ein gutes Schnittstellenmanagement sorgt dafür, dass die Kommunikation in alle Richtungen gelingt und somit alle Beteiligten einbezogen werden. Es ist daher ein wesentlicher Faktor für das Gelingen und die Akzeptanz der Verpflegung in der Schule. Eine ideale Maßnahme zur Beteiligung ist die Gründung eines Verpflegungsausschusses, der sich aus Personen der verschiedenen Verantwortungs- und Interessensbereiche, wie Schulleitung, Lehrkräfte, Schüler*innen Eltern sowie Vertreter*innen des Trägers und des Speisenanbieters zusammensetzen sollte. Hier gilt es, jeweilige Aufgaben und Verantwortlichkeiten klar zu definieren und Prozesse transparent nach innen und außen zu kommunizieren. Ob mit oder ohne Verpflegungsausschuss, in jedem Fall sollte in der Schule eine Person offiziell benannt werden, die die Kommunikation zwischen den beteiligten Schulakteuren bündelt und koordiniert: der*die Verpflegungsbeauftragte*r.
Der*die Verpflegungsbeauftragte*r kann:
- überprüfbare Kriterien für die interne Qualitätssicherung festlegen,
- Veränderungen anstoßen und begleiten, zum Beispiel auf Basis des DGE-Qualitätsstandards für den Prozess der Qualitätsentwicklung,
- Absprachen, Ziele und Prozesse dokumentieren und fortlaufend überprüfen,
- im Austausch stehen mit allen Personen, die für die Verpflegung in der Schule eine Rolle spielen,
- Feedbackmöglichkeiten schaffen,
- Probleme oder Beschwerden an die Zuständigen kommunizieren,
- informieren, wenn Verbesserungen aufgrund von Kritik angestoßen und umgesetzt wurden.
Quellen
- Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 02.01.2004 –
Ganztagschulen
- Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 12.09.2013 –
Verbraucherbildung an Schulen
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (Hrsg.) (2015):
Abschlussbericht zur Studie "Qualität in der Schulverpflegung - Bundesweite Erhebung"
- Evers A, Hämel K (2010):
Essensangebote an Schulen. Unterschiedliche Konzepte, unterschiedliche Akzeptanz? Arbeitspapier 192 der Hans-Böckler-Stiftung.
- Heide K et al (2019):
Utilization of school meals. Results from the nationwide nutrition survey EsKiMo II. Ernährungs Umschau 66(6): 92-99, DOI: 10.4455/eu.2019.017
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2019):
Studie zu Kosten- und Preisstrukturen in der Schulverpflegung (KuPS).
- Deutscher Bundestag (Hrsg.):
Drucksache 19/5222. Bildungs- und Teilhabepaket: Bilanz und Reformperspektiven