Mitarbeiterin in der Ganztagsbetreuung in Grundschule spricht mit Schulkind.
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Zwischen Engagement und Erschöpfung: Arbeitsbedingungen in der Ganztagsbetreuung in Grundschulen

Das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen hat mehr als 1.000 Mitarbeitende der Ganztagsbetreuung in Grundschulen zu Arbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit befragt. Diese sehen sich mit vielfältigen Belastungen konfrontiert und die Ganztagsförderung insgesamt vor großen Herausforderungen.

Für die Umsetzung des ab 2026 geltenden Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ist die Gewinnung und möglichst langfristige Bindung von neuem Personal eine wichtige Voraussetzung, so die Autorinnen der Studie. Bislang fehlten jedoch Erkenntnisse zu den Arbeitsbedingungen und zur Arbeitszufriedenheit von Mitarbeitenden in diesem Bereich, die sowohl für die Personalgewinnung als auch für die Vermeidung von Fluktuation bedeutsam sind. Daher befragte das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen in einer nicht-repräsentativen Online-Befragung knapp über 1.000 Mitarbeitende, die in Angeboten zur ganztägigen Förderung in Grundschulen tätig sind.

Erkenntnisse: Wer arbeitet in der Ganztagsbetreuung in der Grundschule?

  • Die Mehrheit der Befragten wurde in Deutschland geboren (96 %). 82 % identifizieren sich als weiblich, 17 % als männlich und 1 % als divers.
  • Der größte Anteil der Befragten ist zwischen 40 und 55 Jahre alt (ca. 40 %), 28 % sind älter, etwa 30 % sind zwischen 25 und 40 Jahre alt.
  • Die Mitarbeitenden sind mit verschiedenen Funktionen in den Grundschulen und Horten beschäftigt und nehmen oftmals eine Doppelrolle ein. Die meisten Befragten (46 %) sind als pädagogische Fachkräfte tätig. 19 % haben eine Gruppenleitung inne, 16 % sind auch Ganztagskoordinator*innen oder an Leitungen der Ganztagsangebote beteiligt. Ein Fünftel des Ganztagspersonals gab an, auch eine Funktion im Unterricht am Vormittag wahrzunehmen.
  • Die Mitarbeitenden verfügen überwiegend über einschlägige pädagogische Qualifikationen (u.a. Erziehungswissenschaften/Pädagogik, Sozialpädagogik/Soziale Arbeit, Lehramt/Bildung).
  • Mehr als die Hälfte der Mitarbeitenden ist für mehr als 25 Kinder zuständig, wobei die Anzahl der Kinder je nach Funktion variiert. 25 Kinder je Gruppe charakterisieren die Autorinnen als Normalfall aufgrund der Vorgaben der Träger und Kommunen. Leitungskräfte sind wegen ihres Verantwortungsbereiches für besonders viele Kinder zuständig. 72 % der pädagogischen Ergänzungskräfte geben an, für mehr als 25 Kinder zuständig zu sein.

Ergebnisse: Arbeitsbedingungen und Arbeitszufriedenheit in der Ganztagsbetreuung

  • 44 % geben an, dass sie nicht genug Räume für ihre Arbeit in Grundschule oder Hort zur Verfügung haben.
  • Ein Großteil der Mitarbeitenden wünscht sich kleinere Gruppen (79 % stimmen voll bzw. eher zu) und mehr Personal (79 % stimmen voll zu bzw. eher zu).
  • 75 % gaben an, regelmäßig Überstunden zu machen (z. B. wegen Erkrankung von Kolleg*innen oder für zusätzliche Elternarbeit). 38 % der Befragten stimmt der Aussage „Die Anzahl meiner Arbeitsstunden reicht aus, um meine Aufgaben erledigen zu können“ überhaupt nicht oder eher nicht zu.
  • Hohe Lärmpegel und Zeitknappheit werden von fast allen Befragten als Belastung benannt. (92 bzw. 97 %). Die Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern (72 %) sowie die Zusammenarbeit mit Eltern oder Sorgeberechtigten (62 %) sind weitere Herausforderungen.
  • Jedoch empfindet ein Großteil der Befragten ihre Tätigkeit als sinnstiftend: 65 % gaben an, durch ihre Arbeit einen Beitrag zur guten Entwicklung der betreuten Kinder zu leisten.
  • Die kollegiale Zusammenarbeit in den Teams und die gegenseitige Unterstützung wird in hohem Maße wertgeschätzt (72 % bzw. 74 %).  
  • Auf die Frage, ob sie auch in Zukunft eine Tätigkeit in der Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern ausüben möchten, antworten 63 % mit Ja, 10 % mit Nein, 27 % sind sich nicht sicher.

Ganztagsbetreuung vor Herausforderungen

Aus Sicht der Autorinnen steht die Ganztagsbetreuung an Grundschulen, für die ab 2026 ein Rechtsanspruch besteht, vor großen Herausforderungen. Beschäftigte werden mit vielfältigen und damit die Arbeitszufriedenheit tendenziell unterminierenden Belastungen konfrontiert, so ein Fazit der Wissenschaftlerinnen. Ein Großteil der befragten Beschäftigten möchte zwar auch zukünftig in diesem Arbeitsfeld verbleiben, jedoch führe der hohe Druck und dauerhafter Stress bei einem nicht zu unterschätzenden Anteil an Personen zu Unschlüssigkeit oder zu einer negativen Bilanz hinsichtlich ihrer weiteren Laufbahn in der Ganztagsbetreuung.

Quellen

  • Universität Duisburg-Essen, Institut Arbeit und Qualifikation: Pressemitteilung vom 15.04.2025
  • Chantal Mose, Iris Nieding, 2025: Zwischen Engagement und Erschöpfung – Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten in der Ganztagsförderung für Grundschulkinder. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2025-04.

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